Die zunächst unstrittige Forderung – und die Kosten des Inkassobüros

Beauftragt ein Gläubiger einen Inkassodienstleister mit der Einziehung einer – zunächst – unbestrittenen Forderung nach Verzugseintritt des Schuldners, sind dessen Kosten grundsätzlich auch dann in voller Höhe erstattungsfähig, wenn der Gläubiger aufgrund eines später erfolgten (erstmaligen) Bestreitens der Forderung zu deren weiteren – gerichtlichen – Durchsetzung einen Rechtsanwalt einschaltet.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in der Vorinstanz noch angenommen, der Anspruch der Gläubigerin auf Ersatz ihres Verzögerungsschadens (§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB) umfasse nicht die gesamten, von ihr außergerichtlich aufgewandten Inkassokosten1. Der Bundesgerichtshof sah dies jedoch anders: Anders als das OLG Schleswig meint, hat die Gläubigerin vorliegend mit der Beauftragung eines Inkassodienstleisters zur Einziehung ihrer Forderungen aus den Energielieferungen nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) verstoßen und muss sich daher nicht so behandeln lassen, als hätte sie den später – nach dem Widerspruch des Schuldners gegen den Mahnbescheid – mit der weiteren gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche beauftragten Rechtsanwalt von vornherein eingeschaltet. Daher sind die – zutreffend – in Höhe einer 1, 3 Geschäftsgebühr (§ 4 Abs. 5 RDGEG aF iVm Nr. 2300 VV RVG aF) geltend gemachten Inkassokosten nicht entsprechend der Vorbemerkung Nr. 4 zu Nr. 3100 Anlage 1 zu § 2 RVG in Verbindung mit § 15a RVG auf eine 0, 65 Gebühr zu kürzen.

Noch rechtsfehlerfrei ist das OLG Schleswig davon ausgegangen, dass sich der Schulder gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der Zahlung der Vergütung aus den Energielieferungen in Verzug befand. Die seitens der Gläubigerin nach Verzugseintritt aufgewandten Inkassokosten stellen vorliegend einen dem Grunde nach ersatzfähigen Verzugsschaden dar.

Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Schädiger diejenigen Kosten der Rechtsverfolgung zu ersetzen hat, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Maßgeblich ist die ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person. Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt2.

Hiervon ausgehend war die Einschaltung eines Inkassodienstleisters durch die Gläubigerin – nachdem der Schulder in Verzug war – erforderlich und zweckmäßig.

Der Schulder hat, nachdem er durch die Gläubigerin außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert worden war, keine Einwände gegen die Forderungen erhoben und diese nicht bestritten. Ausweislich der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Streit um die Berufungszulassung3 hat der Schulder im Zuge einer – noch vor Beauftragung des Inkassodienstleisters erfolgten – Anschlusssperrung sogar die Zahlung der angemahnten Forderungen zugesagt.

Somit hat er weder die Erfüllung der klägerischen Forderungen ernsthaft und endgültig verweigert noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er – aus der exante-Sicht der Gläubigerin – zahlungsunfähig war, so dass ein Fall, in welchem außergerichtliche Zahlungsaufforderungen durch den Rechtsdienstleister als nicht erfolgversprechend und daher als von vornherein nicht zweckmäßig anzusehen sein könnten, nicht gegeben ist4.

Hinsichtlich der Beauftragung von Rechtsanwälten ist anerkannt, dass allein die Tatsache einer ausbleibenden Reaktion des Schuldners auf Zahlungsaufforderungen des Gläubigers nicht dazu führt, dass außergerichtliche Beitreibungsbemühungen als nicht erfolgversprechend anzusehen sind und insbesondere in Fällen, in denen – wie hier – der Grund für die Nichtzahlung im Dunkeln bleibt, die Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts zweckmäßig ist5. Nichts anderes gilt bei der hier gegebenen Inanspruchnahme eines Inkassodienstleisters. Die Gläubigerin durfte aufgrund des unterbliebenen Bestreitens ihrer Forderungen daher aus exante-Sicht davon ausgehen, dass sie den Schuldner mittels eines Inkassodienstleisters zu einer (Raten)Zahlung bewegen, beziehungsweise ihre Forderung im Mahnverfahren – vertreten durch den Inkassodienstleister (§ 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO) – werde titulieren können6.

Die der Gläubigerin durch die Einschaltung des Inkassodienstleisters entstandenen Kosten sind der Höhe nach zutreffend berechnet worden.

Die Kosten einer – wie hier – registrierten Inkassodienstleisterin für außergerichtliche Inkassodienstleistungen, die eine nicht titulierte Forderung betreffen, sind gemäß § 4 Abs. 5 RDGEG aF (vgl. nunmehr § 13e Abs. 1 RDG) nur bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zustehenden Vergütung erstattungsfähig. Nach Nr. 2300 VV RVG aF hat der Inkassodienstleister vorliegend eine 1, 3 Geschäftsgebühr (460,20 €) nebst der Auslagenpauschale aus Nr. 7002 VV RVG (20 €), mithin insgesamt 480,20 €, berechnet. Anhaltspunkte dafür, dass die getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe (1,3) unbillig wäre, sind von dem Schuldner – der hierfür darlegungs- und beweisbelastet ist7 – nicht geltend gemacht.

Die durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.20208 in § 13 Abs. 2 RVG und in Nr. 2300 VV RVG Ziffer 2 eingeführten geringeren Gebührensätze bei der außergerichtlichen Geltendmachung unbestrittener Forderungen – Regelgebühr von 0,9; Maximalgebühr von 1,39 – gelten erst ab dem 1.10.2021 und sind daher ungeachtet der Frage des Vorliegens ihrer Voraussetzungen auf den vorliegenden Fall, dem eine Beauftragung des Inkassodienstleisters im Jahr 2019 zu Grunde liegt, nicht anwendbar.

Rechtsfehlerhaft hat das OLG Schleswig einen Verstoß der Gläubigerin gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) angenommen, weil diese mit der Geltendmachung ihrer Forderungen sowohl (außergerichtlich) einen Inkassodienstleister als auch (gerichtlich) einen Rechtsanwalt beauftragt hat, und sie im Ergebnis so behandelt, als hätte sie von vornherein lediglich einen Rechtsanwalt mandatiert. Unzutreffend hat es daher die vorgenannte 1, 3 Geschäftsgebühr in Anwendung der in Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG, § 15a Abs. 1 RVG getroffenen Anrechnungsregelung auf eine 0, 65 Gebühr gekürzt.

Zutreffend nimmt das OLG Schleswig noch an, dass durch die Beauftragung zweier Rechtsdienstleister Mehrkosten im Vergleich zur Beauftragung lediglich eines Rechtsanwalts angefallen sind, weil sich der für die Gläubigerin – nach dem Widerspruch gegen den Mahnbescheid – tätige Rechtsanwalt auf seine im gerichtlichen Verfahren entstandene Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) keine andere Gebühr anrechnen lassen muss, diese vielmehr in voller Höhe (1,3) verlangen kann.

Nach Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG, § 15a Abs. 1 RVG wird eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr – hier nach Nr. 2300 VV RVG – zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf eine Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Hätte die Gläubigerin sowohl mit der außergerichtlichen als auch mit der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Forderungen nur einen Rechtsanwalt beauftragt, hätte dieser im Ergebnis nicht sowohl eine 1, 3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) als auch zusätzlich eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG), sondern nach § 15a Abs. 1 RVG lediglich den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren – der Sache nach somit einen Gebührensatz in Höhe von insgesamt 1,95 – geltend machen können.

Vorliegend scheidet eine solche Kürzung der Verfahrensgebühr des erst während des gerichtlichen Verfahrens beauftragten Rechtsanwalts jedoch aus. Denn die Anrechnungsbestimmungen von Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG, § 15a Abs. 1 RVG finden ihren Grund in dem geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand, den ein bereits vorgerichtlich mit der Angelegenheit befasster Rechtsanwalt hat10, so dass eine Anrechnung nur in Betracht kommt, wenn im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant eine solche zu erfolgen hat. Entscheidend hierfür ist, ob der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hat. Hat der erstmals im gerichtlichen Verfahren tätige Rechtsanwalt eine solche Gebühr nicht verdient, weil er – wie vorliegend – außergerichtlich noch nicht tätig geworden ist, scheidet eine Anrechnung dagegen aus11. So liegen die Dinge hier.

Anders als das OLG Schleswig meint, kann die Gläubigerin trotz der unterbleibenden Kürzung der Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts die beim Inkassodienstleister angefallene Geschäftsgebühr in voller Höhe ersetzt verlangen. Sie muss sich nicht so behandeln lassen, als hätte sie den – ausschließlich im gerichtlichen Verfahren mandatierten – Rechtsanwalt schon mit ihrer außergerichtlichen Vertretung beauftragt, so dass nach Vorstehendem eine Anrechnung erfolgt und im Ergebnis eine der Gebühren (Geschäfts- oder Verfahrensgebühr) lediglich in geringerem Umfang (0,65) hätte geltend gemacht werden können.

Denn entgegen der Ansicht des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Gläubigerin nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) verstoßen, indem sie mit der außergerichtlichen Beitreibung ihrer Forderungen einen Inkassodienstleister beauftragt und damit – wie aufgezeigt – im Vergleich zur Beauftragung nur eines Rechtsanwalts im Ergebnis höhere Kosten verursacht hat.

Die Vorschrift des § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. BGB setzt voraus, dass es der Geschädigte schuldhaft unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Dieses Verschulden bedeutet nicht die vorwerfbare Verletzung einer gegenüber einem anderen bestehenden Leistungspflicht, sondern ein Verschulden gegen sich selbst, also die Verletzung einer im eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit12. Von der Verletzung einer Obliegenheit kann nur ausgegangen werden, wenn der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch an der Stelle des Geschädigten zur Schadensabwehr oder minderung ergreifen würde. Entscheidender Abgrenzungsmaßstab ist also der Grundsatz von Treu und Glauben. In anderen Vorschriften zum Ausdruck kommende Grundentscheidungen des Gesetzgebers dürfen dabei nicht unterlaufen werden13.

Eine derartige Obliegenheitsverletzung fällt der Gläubigerin nicht zur Last.

Wie ausgeführt, hat der Schulder außergerichtlich – und auch im späteren gerichtlichen Verfahren – keine Einwände gegen die Forderungen der Gläubigerin erhoben. Im Zuge der Anschlusssperrung hat er sogar erklärt, er werde die Forderung ausgleichen. Daher durfte die Gläubigerin zum Zeitpunkt der Beauftragung der Inkassodienstleisterin davon ausgehen, der Schulder werde nach deren Einschaltung seine Schuld erfüllen oder sie werde ihre Forderungen im Mahnverfahren titulieren können.

Mit seiner gegenteiligen Ansicht, wonach ein Gläubiger zwecks vorbeugender Kostenminimierung ungeachtet der Umstände des Einzelfalls stets verpflichtet sei, von vornherein lediglich einen Rechtsanwalt mit der Verfolgung und Durchsetzung einer Forderung zu beauftragen, verkennt das OLG Schleswig die Grundentscheidungen des Gesetzgebers zu der Stellung und zu den Befugnissen von Inkassodienstleistern14, welche, wie ausgeführt, durch die Annahme eines Mitverschuldens nicht unterlaufen werden dürfen.

Denn die außergerichtliche Forderungseinziehung ist nach der Wertung des Gesetzgebers gerade nicht allein Rechtsanwälten vorbehalten15. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG dürfen registrierte Personen Inkassodienstleistungen erbringen, was in prozessualer Hinsicht durch eine auf unstreitige Verfahrensabschnitte beschränkte Vertretungsbefugnis im Mahnverfahren nach § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO ergänzt wird16. Der Begriff der Inkassodienstleistung ist in Anbetracht der in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Zielsetzungen, die vom Bundesverfassungsgericht zum Rechtsberatungsgesetz aufgestellten liberalisierenden Maßstäbe für Inkassodienstleister bei der Schaffung des Rechtsdienstleistungsgesetzes umzusetzen und auch für mögliche neue Berufsbilder fruchtbar zu machen, nicht in einem zu engen Sinne zu verstehen. Insbesondere ist es einem registrierten Inkassodienstleister nicht verwehrt, im Rahmen des außergerichtlichen Forderungseinzugs in substantieller Weise – auch begleitend zu einem Gerichtsverfahren – Rechtsberatung vorzunehmen17.

Diese durch das Bundesverfassungsgericht und den Bundesgerichtshof vorgenommene Auslegung wurde durch das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt vom 10.08.202118 klarstellend in § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG normiert, wonach zu einer Inkassodienstleistung auch die auf die Einziehung bezogene rechtliche Prüfung und Beratung zählt19. Damit sind von dem Begriff der Inkassodienstleistung nach § 2 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG auch solche Tätigkeiten erfasst, die auf eine umfangreiche außergerichtliche Rechtsbesorgung und beratung gerichtet sind und letztlich auf einen unter Beteiligung eines Rechtsanwalts zu führenden Rechtsstreit hinauslaufen20, sowie darüber hinaus solche Geschäftsmodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf die gerichtliche Einziehung der Forderung abzielen21.

Mithin steht ein künftig durchzuführendes gerichtliches Verfahren der Annahme einer (vorherigen) Inkassodienstleistung nicht grundsätzlich entgegen, so dass einem Gläubiger – anders als das OLG Schleswig meint – nicht entgegengehalten werden kann, er habe bereits „allein wegen der Möglichkeit eines später erforderlich werdenden Prozesses“ von vornherein einen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Die gegenteilige Sichtweise des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts lässt die anerkannten Befugnisse eines Inkassodienstleisters unberücksichtigt und widerspricht damit den vorgenannten gesetzgeberischen Wertentscheidungen.

Zudem nimmt das OLG Schleswig22 durch das Abstellen auf ein regelmäßig später erforderlich werdendes gerichtliches Verfahren der Sache nach eine unzulässige ex post-Betrachtung vor23. Denn die aus der maßgebenden ex ante-Sicht erforderliche und zweckmäßige Hinzuziehung eines Inkassodienstleisters kann nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalls schon allein deshalb als Obliegenheitsverletzung gewertet werden, weil in solchen Fällen später häufig ein Rechtsanwalt mandatiert wird (vgl. den durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.202024 eingeführten § 13c Satz 3 RDG [nunmehr § 13f Satz 3 RDG])25.

Soweit das OLG Schleswig eine Kürzung der Inkassokosten mit der Vorschrift des § 4 Abs. 5 RDGEG aF (nunmehr § 13e Abs. 1 RDG) begründet hat, wonach die Erstattung von Inkassokosten der Höhe nach durch die Gebührensätze des RVG begrenzt ist, verkennt es den Inhalt und die Reichweite dieser Norm.

Denn diese bestimmt lediglich eine Obergrenze für die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten, welche auf die Vergütung begrenzt werden sollen, die ein Rechtsanwalt für eine entsprechende Tätigkeit höchstens verlangen kann26. Demgegenüber regelt die Norm weder die Frage der materiellrechtlichen Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Inkassodienstleisters noch die hier in Rede stehende Frage einer Schadensminderungspflicht des Gläubigers, insbesondere in Form der Anrechnung von Gebühren.

Nach alledem konnte das Berufungsurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts keinen Bestand haben; es war daher vom Bundesgerichtshof aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Bundesgerichtshof entschied in der Sache selbst, da es weiterer Feststellungen nicht bedurfte und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif war (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führte zur Zuerkennung eines weiteren Betrags in Höhe von 230, 10 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit (§ 291 BGB), welche vorliegend – mangels alsbaldiger Abgabe des Verfahrens nach Erhebung des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid (§ 696 Abs. 3 ZPO) – mit dem Eingang der Akten beim Prozessgericht eingetreten ist27.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. Dezember 2022 – VIII ZR 81/21

  1. OLG Schleswig, Urteil vom 04.03.2021 – 5 U 127/20[]
  2. vgl. BGH, Urteile vom 17.09.2015 – IX ZR 280/14, NJW 2015, 3793 Rn. 8; vom 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 92 [zu § 439 Abs. 2 BGB]; vom 01.09.2020 – X ZR 97/19, NJW-RR 2020, 1507 Rn. 36; vom 24.02.2022 – VII ZR 320/21, NJW-RR 2022, 707 Rn. 18[]
  3. BVerfG, Beschluss vom 16.04.2020 – 1 BvR 2373/19, WM 2020, 1451 Rn. 2[]
  4. vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17.09.2015 – IX ZR 280/14, aaO mwN; Beschluss vom 27.05.2020 – VIII ZR 384/18, WuM 2020, 650 Rn. 10; vgl. auch BVerfG, WM 2011, 2155, 2157[]
  5. vgl. BGH, Urteile vom 17.09.2015 – IX ZR 280/14, aaO Rn. 11; vom 24.02.2022 – VII ZR 320/21, aaO Rn. 22[]
  6. vgl. zur grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten BVerfG, WM 2011, 2155, 2156 f.; BVerfG, Beschluss vom 26.05.2020 – 2 BvR 1762/16 15 f.; BGH, Urteile vom 24.05.1967 – VIII ZR 278/64 29; vom 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 117; Staudinger/Feldmann, BGB, Neubearb.2019, § 286 Rn. 231; BT-Drs. 18/1309, S.19[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2015 – IX ZR 280/14, NJW 2015, 3793 Rn. 24, 27; Beschluss vom 20.01.2011 – V ZB 216/10 8 ff.[]
  8. BGBl. I 3320[]
  9. vgl. BR-Drs.196/20, S.19 f.; BT-Drs.19/24735, S. 5, 14[]
  10. vgl. BT-Drs. 15/1971, S.209; BGH, Urteil vom 14.03.2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15; Beschluss vom 20.12.2011 – XI ZB 17/11, NJW-RR 2012, 313 Rn. 9[]
  11. vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.12.2009 – VII ZB 41/09 11; vom 26.10.2017 – V ZB 188/16, NJW 2018, 625 Rn. 14[]
  12. BGH, Urteil vom 25.01.2018 – VII ZR 74/15, NJW 2018, 944 Rn. 25 mwN[]
  13. vgl. nur BGH, Urteile vom 18.03.2014 – VI ZR 10/13, NJW 2014, 2874 Rn. 28; vom 12.02.2019 – VI ZR 141/18, NJW 2019, 2538 Rn. 23; vom 18.02.2020 – VI ZR 115/19, NJW 2020, 1795 Rn. 16[]
  14. vgl. hierzu grundlegend BGH, Urteile vom 27.11.2019 – VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89 Rn. 114 ff.; vom 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 43 ff.[]
  15. vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1570, 1571; BGH, Urteil vom 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, aaO Rn. 46 mwN; vgl. auch Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr [ABl. EU Nr. L 48 S. 1], wonach zu den seitens des Schuldners im Falle eines Zahlungsverzugs zu erstattenden Kosten auch diejenigen zählen können, die durch die Beauftragung eines Inkassounternehmens entstehen[]
  16. vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 79 Rn. 9[]
  17. vgl. BGH, Urteil vom 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, aaO Rn. 53 mwN[]
  18. BGBl. I S. 3415[]
  19. vgl. BR-Drs. 58/21, S. 17, 39[]
  20. vgl. BGH, Urteil vom 27.05.2020 – VIII ZR 45/19, aaO Rn. 54[]
  21. vgl. BGH, Urteile vom 13.07.2021 – II ZR 84/20, BGHZ 230, 255 Rn. 22; vom 13.06.2022 – VIa ZR 418/21 11, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt[]
  22. so auch BeckOK-BGB/Lorenz, Stand: 1.08.2022, § 286 Rn. 77; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 286 Rn. 46; demgegenüber auf den Einzelfall abstellend Münch-KommBGB/Ernst, 9. Aufl., § 286 Rn. 186[]
  23. vgl. Seitz/Vollkommer, Inkasso-Handbuch, 4. Aufl., Kapitel 23 Rn. 60; Goebel, Inkassodienstleistung und Inkassokosten, 3. Aufl., § 2 Rn. 385[]
  24. BGBl. I S. 3320[]
  25. hierzu BR-Drs.196/20, S. 54 f.; BT-Drs.19/24735, S. 13[]
  26. vgl. BT-Drs. 17/14216, S. 6[]
  27. vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2009 – III ZR 164/08, BGHZ 179, 329 Rn. 17[]