Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall schlossen die Arbeitsvertragsparteien Ende März 2021 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der Arbeitnehmer ab dem 1. Mai 2021 bei der Arbeitgeberin tätig wurde. Der Vertrag kam durch Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande. Die Arbeitgeberin zahlte an diesen eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.461,60 €. Weitere 2.230,80 € sollten nach Ablauf der – im Arbeitsvertrag vereinbarten – sechsmonatigen Probezeit fällig sein. Nach § 13 des Arbeitsvertrags war der Arbeitnehmer verpflichtet, der Arbeitgeberin die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2022 hinaus fortbestehen und unter anderem – aus vom Arbeitnehmer „zu vertretenden Gründen“ von ihm selbst beendet werden würde. Nachdem der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2021 gekündigt hatte, behielt die Arbeitgeberin – unter Verweis auf § 13 des Arbeitsvertrags – von der für den Monat Juni 2021 abgerechneten Vergütung des Arbeitnehmers einen Teilbetrag in Höhe von 809,21 € netto ein.
Mit seiner Klage hat der Arbeitnehmer – soweit hier von Interesse – die Zahlung dieses Betrags verlangt. Er hat geltend gemacht, die Regelung in § 13 seines Arbeitsvertrags sei unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige. Die Arbeitgeberin hat im Weg der Widerklage die Erstattung restlicher Vermittlungsprovision in Höhe von 3.652,39 € erstrebt. Sie hat die Auffassung vertreten, die vertragliche Regelung sei wirksam. Sie habe ein berechtigtes Interesse, die für die Vermittlung des Arbeitnehmers gezahlte Provision nur dann endgültig aufzubringen, wenn er bis zum Ablauf der vereinbarten Frist für sie tätig gewesen sei.
In den Vorinstanzen haben sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein der Klage des Arbeitnehmers stattgegeben und die Widerklage der Arbeitgeberin abgewiesen1. Die hiergegen gerichtete Revision der Arbeitgeberin blieb vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg:
Die genannte arbeitsvertragliche Regelung – bei der es sich um eine kontrollfähige Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt – benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, entschied das Bundesarbeitsgericht. Der Arbeitnehmer wird hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Arbeitgeberin gerechtfertigt wäre.
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet. Es besteht deshalb kein billigenswertes Interesse der Arbeitgeberin, solche Kosten auf den Arbeitnehmer zu übertragen. Der Arbeitnehmer erhält auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023 – 1 AZR 265/22
- LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.05.2022 – 4 Sa 3/22[↩]