Nimmt eine Arbeitnehmerin ihre erkrankten und betreuungsbedürftigen Kinder mit zur Arbeit, ist dies zwar eine Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten, rechtfertigt jedoch keine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber.
In dem hier vom Arbeitsgericht Siegburg entschiedenen Fall war die Arbeitnehmerin als Altenpflegefachkraft beschäftigt. Sie befand sich noch in der Probezeit. Während der Arbeit erkrankten ihre Kinder, woraufhin der behandelnde Arzt deren Betreuungsbedürftigkeit feststellte. Zunächst ging die Arbeitnehmerin ihrer Arbeitstätigkeit weiter nach, wobei sie jedoch ihre Kinder zeitweise mitnahm. Einige Tage später erkrankte die Arbeitnehmerin dann selbst, und teilte der Beklagten, per SMS mit, dass sie einen Arzt aufsuchen müsse. Dieser stellte am Folgetag einen später bestätigten Verdacht auf Grippe fest. Die Arbeitnehmerin erhielt daraufhin eine fristlose Kündigung, weil es ihr u.a. verboten gewesen sei, ihre Kinder mit zur Arbeit zu nehmen.
Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung und begehrte die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Das Arbeitsgericht Siegburg gab der Klage insoweit statt und entschied, dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern erst mit Ablauf der 2-wöchigen Kündigungsfrist in der Probezeit beendet worden sei:
Die fristlose Kündigung hielt das Arbeitsgericht für ungerechtfertigt. Zwar war das Verhalten der Arbeitnehmerin sowohl aus versicherungsrechtlichen Gründen als auch wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr für die älteren Patienten problematisch und eine Pflichtverletzung; einen Grund für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sah das Gericht jedoch nicht. Grundsätzlich reiche in einem solchen Fall eine Abmahnung. Auch andere Gründe für eine sofortige Beendigung konnte der Arbeitgeber nicht darlegen.
Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 4. September 2019 – 3 Ca 642/19