Die Mietpreisbegrenzungsverordnung Baden-Württemberg ist nach Ansicht des Landgerichts Stuttgart wegen fehlender Veröffentlichung der Begründung formell unwirksam. Ein Mieter kann sich daher nicht auf die Mietpreisbremse berufen.
Eine Veröffentlichung der Begründung der Mietpreisbegrenzungsverordnung sei erforderlich, so das Landgericht Stuttgart, um die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar zu machen, weshalb die Mietpreisbremse in einem bestimmten Gebiet gelten solle. Die Begründung der Verordnung diene zudem dem Grundrechtsschutz der Vermieter. Diese seien durch die Mietpreisbremse in der ökonomischen Nutzung ihres Eigentums eingeschränkt. Betroffene Vermieter seien ohne Zugriff auf die vollständige Begründung aber nicht im Stande, ihre Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs abzuschätzen. Spiegelbildlich seien auch die zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Verordnung berufenen Zivilgerichte nur dann in der Lage, über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu befinden, wenn ihnen die Parteien den nötigen Prozessstoff vortragen können. Die bisherige Praxis des Landes Baden-Württemberg genüge diesen Anforderungen an eine Veröffentlichung nicht.
Am 29. September 2015 hatte die Landesregierung die Mietpreisbegrenzungsverordnung Baden-Württemberg erlassen. Die Landesregierung wurde auf Grundlage der bundesgesetzlichen Mietpreisbremse des § 556 d BGB zum Erlass der Verordnung ermächtigt. Die Landesverordnung legt in Baden-Württemberg Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt fest, in denen die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent übersteigen darf.
In erster Instanz hatte das Amtsgericht Stuttgart festgestellt, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung Baden-Württemberg
mangels hinreichender Begründung und mangels Veröffentlichung der Begründung unwirksam sei (AG Stuttgart, Urteil vom 30.10.2018 – 35
C 2110/18)). Das Land Baden-Württemberg war dem Rechtsstreit im Berufungsverfahren als Streithelfer beigetreten. Das Land hat die Auffassung vertreten, dass die Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung der Öffentlichkeit ausreichend zugänglich gemacht worden sei. Dem folgte das Landgericht Stuttgart nicht. Insbesondere reiche es nach Auffassung des Landgerichts nicht aus, dass die fragliche Begründung auf Anfrage herausgegeben wurde. Das Landgericht Stuttgart hat sich damit im Ergebnis der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen. Anders als das Amtsgericht hat das Landgericht seine Entscheidung indes nicht auf eine möglicherweise unzureichende Begründung der Verordnung gestützt, sondern nur auf eine fehlende Veröffentlichung der Begründung.
Unmittelbare Folge des Urteils ist, dass sich die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits auf die Mietpreisbremse nicht berufen kann. Sofern weitere Gerichte der Auffassung der Kammer folgen, sind von der Entscheidung des Landgerichts Stuttgart sämtliche Mietverhältnisse im Land betroffen, die in einem Gebiet liegen, in dem die Mietpreisbremse des § 556 d BGB nach der aktuellen Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes Anwendung findet.
LandgerichtStuttgart, Urteil vom 13. März 2019 – 13 S 181/18