Eine für sich genommen unbedenkliche Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Verkehrsbetriebs, wonach ein Fahrgast, dessen Berechtigung zur Teilnahme an einem preislich vergünstigten Großkundenabonnement endet, bei unterbliebener Rückgabe der Fahrkarte für die verbleibende Zeit bis zum Ablauf der auf dieser vermerkten Geltungsdauer ein höheres Entgelt zu entrichten hat, benachteiligt den Fahrgast unangemessen, wenn sich aus einer anderen Regelung ergibt, dass der Fahrgast mit Beendigung der Teilnahme am Großkundenabonnement das Recht verliert, die Leistungen des Verkehrsbetriebs zu nutzen.
Die Klausel ist Teil der von der HVV verwendeten „Benutzungsbedingungen für die ProfiCards im Großkundenabonnement“, bei denen es sich um von der HVV verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Da die Benutzungsbedingungen von der zuständigen Verkehrsbehörde genehmigt worden sind, genügte es nach § 305a Nr. 1 BGB für ihre Einbeziehung in den Vertrag, dass sich der Beklagte mit ihrer Geltung einverstanden erklärt hat.
Der Bundesgerichtshof kann die Auslegung der Benutzungsbedingungen durch das Berufungsgericht in vollem Umfang nachprüfen, unabhängig davon, ob sie nur im Bezirk eines Oberlandesgerichts angewendet werden1. Die Benutzungsbedingungen sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Sind mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Danach ist die scheinbar kundenfeindlichste Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie zu der Annahme führt, dass die betreffende Klausel den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt und damit unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB). Außer Betracht zu bleiben haben lediglich Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar sind, praktisch aber fern liegen und von den an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernstlich in Erwägung gezogen werden2.
Nach Abschnitt 7.1 Nr. 3 der Benutzungsbedingungen erlischt die Berechtigung zur Teilnahme am Großkundenabonnement mit dem Ende des Kalendermonats, in dem der Fahrgast aus den Diensten seines Arbeitgebers ausscheidet. Für diesen Fall ist in Abschnitt 7.2 Absatz 1 der Benutzungsbedingungen die Verpflichtung des Fahrgasts vorgesehen, die ihm überlassene Profi-Card zurückzugeben oder sie vorzulegen, damit die auf ihr vermerkte Geltungsdauer auf den Zeitpunkt der Beendigung der Teilnahme am Großkundenabonnement verkürzt werden kann. Für den Fall, dass der Fahrgast der Verpflichtung, die Fahrkarte zurückzugeben oder zur Verkürzung der Geltungsdauer vorzulegen, schuldhaft nicht nachkommt, ist in Abschnitt 7.2 Absatz 2 bestimmt, dass er bis zum Ende des Monats, in dem er die Fahrkarte zurückgibt, längstens bis zum Ende der auf ihr vermerkten Geltungsdauer, so behandelt wird, als sei er Fahrgast nach den Tarifbestimmungen des Allgemeinen Abonnements, und zur Zahlung des danach geltenden monatlichen Fahrpreises verpflichtet ist.
Für den Fahrgast, der in eine solche Situation gerät, ergibt sich aus den Benutzungsbedingungen der HVV jedoch nicht hinreichend deutlich, ob er weiterhin berechtigt ist, die Leistungen der HVV als Inhaber einer Zeitfahrkarte in Anspruch zu nehmen, und wie er diese Berechtigung gegebenenfalls gegenüber dem Kontrollpersonal nachweisen kann. Der Umstand, dass er verpflichtet ist, den Fahrpreis für eine Zeitfahrkarte nach den Tarifbestimmungen des Allgemeinen Abonnements zu zahlen, kann ihn zu der Annahme führen, dass er weiterhin berechtigt ist, das Angebot der HVV zu nutzen, dass er die ProfiCard behalten darf und als Nachweis seiner Nutzungsberechtigung nutzen kann, mithin lediglich ein höheres Entgelt als bislang zu entrichten hat. Zweifel hieran können sich jedoch daraus ergeben, dass den Benutzungsbedingungen nicht zu entnehmen ist, dass die in Abschnitt 7.2 Absatz 1 normierte Pflicht, bei Beendigung der Teilnahmeberechtigung am Großkundenabonnement die ProfiCard zurückzugeben, entfällt, wenn und solange der Fahrgast den höheren monatlichen Fahrpreis nach den Tarifbestimmungen des Allgemeinen Abonnements zu zahlen hat. Dies lässt auch ein Verständnis der Benutzungsbedingungen zu, wonach die ProfiCard weiterhin zurückgegeben werden muss, somit die Pflicht zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises allein der Durchsetzung dieser Rückgabepflicht dient, jedoch nicht mit der Berechtigung verbunden ist, die Leistungen der HVV als Inhaber einer Zeitfahrkarte zu nutzen.
Ein solches Verständnis wird vor allem durch Abschnitt 3 Absatz 1 Satz 3 der Benutzungsbedingungen nahegelegt, wonach die Geltungsdauer einer ProfiCard, die nach Abschnitt 7.2 zurückzugeben ist, mit Ablauf des Tages endet, an dem die Rückgabe fällig wird. Diese Regelung lässt die Deutung zu und legt sie sogar nahe dass die ProfiCard mit Ablauf des Monats, in welchem das bisherige, zur Teilnahme am Großkundenabonnement berechtigende Arbeitsverhältnis endet, ungültig wird und nicht mehr als Fahrausweis genutzt werden darf. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht bemerkt, dass in den Bestimmungen des HVV-Tarifs, auf die Abschnitt 11 der Benutzungsbedingungen Bezug nimmt, mit Nachdruck darauf hingewiesen wird, dass die Fahrzeuge des HVV nur mit einem gültigen Fahrausweis betreten werden dürfen, anderenfalls ein solcher unaufgefordert und unverzüglich zu lösen ist, und daraus abgeleitet, dass der Fahrgast daher dem Besitz einer gültigen Fahrkarte erhebliche Bedeutung beilegt.
Soweit demgegenüber geltend gemacht, Abschnitt 3 Absatz 1 Satz 3 sei dahin zu verstehen, dass die Geltungsdauer der ProfiCard lediglich insofern vorzeitig ende, als sie dem Nachweis der Fahrtberechtigung zu den Sonderkonditionen des Großkundenabonnements diene, findet dies im Wortlaut der Klausel keine Stütze. Gegen die Annahme, dass der Nutzer sie – eindeutig in diesem Sinne verstehe, spricht zudem, dass die Klausel bei einem solchen Verständnis gegenüber Abschnitt 7.1 Nr. 3 keinen eigenständigen Gehalt aufwiese.
Die Benutzungsbedingungen der HVV können danach jedenfalls auch dahin verstanden werden, dass eine ProfiCard, die wegen Beendigung der Teilnahmeberechtigung am Großkundenabonnement zurückzugeben ist, mit Ablauf des Monats, in dem der Fahrgast bei seinem bisherigen Arbeitgeber ausscheidet, ihre Geltung verliert und damit nicht mehr zum Nachweis der Berechtigung zur Nutzung der Fahrzeuge des HVV dienen kann, obwohl der Fahrgast zur Zahlung des Entgelts verpflichtet ist, das er für eine Zeitfahrkarte des Allgemeinen Abonnements zu zahlen hätte. Legt man dieses Verständnis zugrunde, ist Abschnitt 7.2 Absatz 2 der Benutzungsbedingungen nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam und kann den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht begründen.
Die Regelung kann nicht in der Weise aufrechterhalten werden, dass lediglich Abschnitt 3 Absatz 1 Satz 3 der Benutzungsbedingungen als unwirksam angesehen wird. Kann eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil zerlegt werden, kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Beschränkung der Unwirksamkeitsfolge auf den inhaltlich unzulässigen Teil in Betracht3. Eine Anwendung dieser Grundsätze scheidet hier jedoch schon deshalb aus, weil die Regelung in Abschnitt 3 Absatz 1 Satz 3 für sich genommen inhaltlich nicht bedenklich ist, sondern gerade in ihrem Zusammenwirken mit Abschnitt 7.2 der Benutzungsbedingungen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. März 2016 – X ZR 18/15