Schadensersatz im Dieselskandal – und die Wechselprämie eines anderen Autoherstellers

Der Schadensersatzanspruch des Käufers eines vom „Dieselskandal“ betroffenen Autos bleibt bestehen, auch wenn der Autokäufer in der Folgezeit unter Inzahlungnahme des betroffenen Dieselwagens das Auto eines anderen Herstellers erwirbt. Auch eine von dem anderen Autohersteller gezahlte „Wechselprämie“ mindert den Schadensersatzanspruch nicht.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall erwarb der klagende Käufer im September 2014 einen gebrauchten VW Passat, der mit mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet ist. Dieser Motor hatte eine Steuerungssoftware, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befand. Im Prüfstandsbetrieb führte die Software zu einer erhöhten Abgasrückführung im Vergleich zum Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stickoxidemissionen auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten. Während des erstinstanzlichen Verfahrens erwarb der Autokäufer ein Fahrzeug eines anderen Herstellers, gab das von der Autoherstellerin hergestellte Fahrzeug in Zahlung und erhielt zusätzlich eine „Wechselprämie“. Zwischen dem Autokäufer und der beklagten Autoherstellerin war danach streitig, ob dem Autokäufer trotz des Weiterverkaufs des VW Passat ein Schadensersatzanspruch gegen die Autoherstellerin in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die Fahrzeugnutzung und abzüglich des erzielten Verkaufserlöses zusteht und, wenn ja, ob von diesem Anspruch die „Wechselprämie“ ebenfalls abzuziehen ist. 

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Aurich hat der Klage des Autokäufers nur zu einem geringen Teil stattgegeben1; es hat dem Autokäufer zwar trotz Weiterverkaufs des Diesel-Fahrzeugs einen Schadensersatzanspruch zuerkannt, von dem zu ersetzenden Kaufpreis für das Diesel-Fahrzeug aber neben der Nutzungsentschädigung und dem Verkaufserlös zusätzlich die Wechselprämie abgezogen. Die Berufung des Autokäufers hatte insofern Erfolg, als nach Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg die Wechselprämie nicht in Abzug zu bringen war; die Berufung der Autoherstellerin hatte hingegen keinen Erfolg2. Der Bundesgerichtshof hat nun das Berufungsurteil bestätigt und die hiergegen gerichtete Revision der Autoherstellerin zurückgewiesen:

Das LG Aurich sowie das OLG Oldenburg haben zutreffend angenommen, dass die Autoherstellerin den Autokäufer durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und ihm insoweit grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zusteht. Der Weiterverkauf des Fahrzeugs ließ diesen Schadensersatzanspruch nicht entfallen. Durch den Weiterverkauf trat der marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des im Wege der Vorteilsausgleichung herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs und war vom Schadensersatzanspruch abzuziehen.

Die „Wechselprämie“ war im Streitfall jedoch nicht zugunsten des beklagten Fahrzeugherstellers vom Schadensersatzanspruch in Abzug zu bringen. Denn die Wechselprämie erhielt der Autokäufer aufgrund seiner Entscheidung, Auto oder Automarke zu wechseln. Sie hatte nichts mit dem Substanz- oder Nutzungswert des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs zu tun und stand daher dem Autokäufer und nicht der Autoherstellerin zu.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Juli 2021 – VI ZR 533/20

  1. LG Aurich, Urteil vom 09.09.2019 – 5 O 1411/18[]
  2. OLG Oldenburg, Urteil vom 18.03.2020 – 3 U 167/19[]